27. Januar 2021

Der Wald als Kraftort

Dr. Bodo Kubartz im Interview mit Andrea Dahm und Anusati Thumm von Primavera

Noch mehr als sonst sehnen sich Menschen in den herausfordernden Zeiten der Corona-Pandemie nach Entschleunigung und Entspannung. Daher ist es naheliegend, das Beruhigende, Stärkende und Erdverwachsene, das uns der Wald vermittelt, in unseren Alltag einzubauen.
Waldluft lädt uns zum tiefen Durchatmen ein, das tut gut. Wer nicht direkt zum Waldspaziergang aufbrechen kann, nutzt die duftenden Wirkkräfte der ätherischen Baumöle: Ob Home-Office oder Home-Schooling – naturreiner Waldduft kommt dank der Aromatherapie in unsere vier Wände.

Bäume erfahren in den letzten Jahren viel Aufmerksamkeit, der Wald fungiert als idealisierter Sehnsuchts-, Kraft- und Heilort. Gleichwohl sind Klimawandel und Waldsterben besorgniserregende Themen, aus denen sich die Frage ergibt: Wie kann der Wald der Zukunft nachhaltig genutzt werden?
Wie ist der Wald geruchlich zu entdecken und wahrzunehmen? Im Gespräch von Dr. Bodo Kubartz (Duft- und Kosmetikmarktexperte und sachkundiger Moderator beim jährlichen Naturkosmetik-Camp) mit Anusati Thumm und Andrea Dahm von PRIMAVERA wird deutlich: Die beiden Themen - der Wald als kraftvoller Heilort und der Wald im Wandel - hängen zusammen.

Zirbelkiefer bio

Das Thema „Wald“ ist für Primavera schon eine Zeit lang relevant. Warum spielt der Wald als „kraftvoller Heilort“ gerade jetzt eine Rolle?

Andrea Dahm: Seit 2018 haben wir uns dem Thema Wald in besonderer Weise verschrieben. Die heilende und reinigende Kraft der Walddüfte auch zu Hause erlebbar zu machen und das Ökosystem Wald mit neuen Augen zu sehen, ist uns ein wichtiges Anliegen. Durch diese Bewusstseinsbildung möchten wir die Menschen dahingehend sensibilisieren, dass der Sehnsuchtsort Wald besonders schützenswert ist.

Anusati Thumm: Die Idee, Wald als Heilort zu fokussieren, entstand im Zusammenhang mit dem Thema Waldbaden und dem Thema der immunstärkenden Terpene und Terpenverbindungen. Sie gelten als besonders heilkräftig und entzündungshemmend. Ein Waldbesuch wirkt demnach wie eine aromatherapeutische Behandlung. Ätherische Baumöle eignen sich zur Keimreduzierung, zum tieferen Durchatmen und zum Stressreduzieren.

Lärche, Kiefer, Zeder – drei prominente Waldbäume. Woher stammen die Stoffe, was bewirken die Öle?

Anusati Thumm: Die Lärche mit ihrem waldig-weichen und sanften Duft gilt als mystischer Baum und wird seit jeher von der Bergbevölkerung sehr verehrt. Das ätherische Öl befindet sich in den Nadeln und ist sehr besonders. Der Duft der Lärche unterstützt uns dabei, den Horizont zu erweitern und offen zu sein für Neues. Zeder und Zirbelkiefer gelten als Klassiker. Überhaupt ist das Schlafen heute Trendthema. Die Zeder mit ihrem warm-holzigen Duft dient zur Stärkung in diesen aufgewühlten Zeiten.

Wie geht Primavera auf den Schutz des Waldes und damit nachhaltige Themen wie Aufforstung und Naturwald ein?

Andrea Dahm: Unsere ätherischen Baumöle stammen entweder aus kontrollierter Wildsammlung oder aus Bio-Anbau. Für die Gewinnung der Öle wie Lärche, Kiefer, Douglasfichte, Weißtanne, Zirbelkiefer etc. (Ausnahme: Zeder) wird der Grünschnitt, das heißt Zweige und Äste, verwendet. Dieses Material fällt ohnehin an – etwa beim Beschneiden von Bäumen oder der Baumfällung, die die zuständige Forstbehörde freigibt. Waldbesitzer wie Destillateure profitieren: die Wälder werden aufgeräumt, die Ölhersteller dürfen kostenfrei das Pflanzenmaterial holen.

Unser Anbaupartner in Südtirol ist gutes Beispiel, denn er betreibt die nachhaltigsten Destillen überhaupt. Er sieht sich nicht nur als Anbieter ätherischer Öle, sondern als Landschaftspfleger. Er legt größten Wert darauf, dass die Pflanzen aus unberührten Anbaugebieten kommen, Ernten finden in Absprache mit der Forstbehörde statt, man arbeitet schonend, vieles in Handarbeit, und achtet auf geschlossene Kreisläufe. Alle Pflanzenteile finden Verwendung. Die nach der Destillation übrige Biomasse wird zum Heizen eingesetzt, das heiße Wasser aus der Destille speist die Fernheizung von zwei Hotels. Die Asche ist vom Landwirtschaftsinstitut zertifiziert und wird als idealer Naturdünger an die Bauern weitergegeben. Somit entstehen keine Abfälle, alles wird restlos verarbeitet.

Klimawandel, Dürren & Wassermangel, Borkenkäfer: Wald wird vielen Stressoren ausgesetzt und befindet sich seit geraumer Zeit in der Veränderung.

Andrea Dahm: Die Folgen des Klimawandel sind auch in den alpinen und in hochalpinen Gegenden, wo Bäume und Sträucher wie Zirbe, Weißtanne und Latsche zu Hause sind, sichtbar. Ernten finden immer in Absprache mit den Behörden der Forst- und Landwirtschaft und dem ansässigen Naturpark statt, die Forstbehörde übernimmt sogar einen Teil der Kosten für das Freischneiden. Zusätzlich haben Südtirol und Österreich das Schlagen von Zirben seit zwei Jahren sehr stark reguliert, um unkontrolliertes Fällen dieser langsam wachsenden Bäume aufgrund der starken Nachfrage in den letzten Jahren einzudämmen. Das alles unterstützt PRIMAVERA sehr, auch wenn davon auszugehen ist, dass der Preis von Zirbenöl dadurch steigen wird.

 
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